Mein Kind vor Gewalt schützen

Grenzen meines Kindes verteidigen: Wie traue ich mich? Wie wahre ich trotzdem Respekt für den Anderen?

Ich lade dich herzlich ein, diese Gedanken zu teilen.

Der kleine Bruno ist zwei Jahre alt. Er hat einen Onkel. Der mag Kinder. Er spielt viel mit Bruno. Er schenkt ihm viel Aufmerksamkeit. Aber Bruno mag seinen Onkel nicht. Warum? Er kitzelt ihn oft durch. Er denkt, Bruno würde das mögen. Denn Bruno lacht. Er mag es aber nicht. Er leidet darunter. Du bist Brunos Mutter. Du merkst das. Sein Onkel ist dein Schwager. Dein Schwager soll das gefälligst lassen. Für immer! Was tun?

Willkommen bei weltfremd und schön, dass du dich damit auseinandersetzt, wie du die Grenzen deines Kindes schützen kannst. Wir schauen uns in diesem Artikel an:

  • Was ich mit Grenzübertritten überhaupt meine
  • Was es mit dir selbst macht, wenn du erlebst, dass andere Erwachsene über die Grenzen deines Kindes wie selbstverständlich drüberspazieren
  • Warum Erwachsene überhaupt so respekt- und empathielos sein können, anderer Kinder Grenzen zu missachten
  • Inspirationen, wie du dein Kind (und dich) schützen und verteidigen kannst und
  • Den Zusammenhang zu sexuellem Missbrauch

Und los:

Wann wird die Grenze eines Kindes überschritten?

Hier einige Beispiele:

  • Oma Ines zwingt dem Zweijährigen Johannes drei feuchte Küsse auf, obwohl er deutlich zeigt, dass es ihm unangenehm ist.
  • Onkel Max nimmt dem vierjährigen Jonas „aus Spaß“ das Spielzeug weg und lockt ihn andauernd, indem er damit wedelt, um es dann doch wieder wegzunehmen. Erst lacht Jonas noch unsicher, dann zieht er sich zurück. Max folgt ihm und bedrängt ihn weiter mit seinem „Spiel“, obwohl Jonas sich sichtlich schlecht fühlt.
  • Tante Steffi pikst die siebenjährige Marie mit dem Finger häufig „scherzhaft“ in die Seite, obwohl Marie ihr mehrere Male gesagt hat, dass sie das unangenehm findet und das nicht mag.
  • Opa Matthias stänkert seine dreijährige Enkeltochter Alma bei jedem Besuch mit dem Spitznamen „Meckermarie“, obwohl sie das sehr verletzt. Er reduziert sie damit auf ihre Wutanfälle und wertet sie ab.

Unsicherheit in puncto: Muss ich eingreifen oder übertreibe ich?

Vielleicht fragst du dich jetzt: Freitag Mittag in Situation XY – hätte ich da eingreifen müssen oder wäre das übertrieben gewesen?

Puh. Schwierige Frage! Sei achtsam mit dir selbst und mit deinem Kind. Versuche dich von moralischen Urteilen wie richtig oder falsch zu verabschieden. Persönliche Grenzen brauchen nie eine Begründung oder Rechtfertigung. Der einzige Maßstab ist: Wo merkst du als primäre Bezugsperson, dass die Grenze deines Kindes überschritten wurde? Hören wir in diesen Momenten auf unser Herz. Fühlen wir nach: Schnürt es uns den Hals zu? Pressen wir die Zähne aufeinander? Welche Körpersprache können wir beim Kind beobachten?

Und da wir gerade bei achtsamem Nachspüren sind …

Let’s talk about you

Was passiert in dem Moment mit dir?

Wenn du dich an die letzte Situation erinnern magst, in der dein Kind einer Grenzüberschreitung ausgesetzt war – wie ging es dir damit?

Und wenn du die Situation ganz klar und präzise noch mal erinnerst, kannst du achtsam nachfühlen, wie dein Körper sich angefühlt hat? Gab es Spannung im Brustkorb? Ging die Atmung flach? Hattest du Wut im Bauch? Und gleichzeitig Unsicherheit? Hast du dich getraut einzuschreiten oder hat dich Furcht abgehalten? Hattest du vielleicht selbst Angst vor Ablehnung? Angst vor den (Schwieger-)Eltern, der Tante, dem Nachbarn?

Musstest du selbst als Kind den Älteren bedingungslos gehorchen? Musstest du Gefühle unterdrücken? Dich unterordnen? Die Überschreitung deiner persönlichen kindlichen Grenzen ertragen?

Wenn es nicht so war: Was für ein Glück! Dann wird es dir leichter fallen, die Grenzen deines Kindes im Hier und Jetzt zu schützen.

Aber wenn es die Regel war, dass Erwachsene über deine Grenzen hinweggegangen sind und du zu Unterwerfung angehalten wurdest? Dann kann es in der Gegenwart schwer sein, dich zu emanzipieren und als löwenstarke Mama dein Kind zu verteidigen. Das Ganze kann außerdem ein Hinweis auf ein Entwicklungstrauma sein. Mehr dazu in Hitler im Herzen: Erziehung und Trauma.

Deine Vergangenheit, dein Kind und du

Um empathisch und angemessen auf grenzüberschreitende Situationen für dein Kind und dich reagieren zu können, lohnt sich der Blick auf die eigene Vergangenheit immer. Wir verhindern damit einerseits, dass wir in Triggermomenten überreagieren. Andererseits bekommen wir die Chance, uns von alten inneren Ketten zu befreien.

Also frag dich gerne mal: Wo wurden deine Grenzen als Kind missachtet? Damit fühlst du dich auch besser ein in die Frage: Was ist überhaupt problematisch für mein Kind? Einfach anhand des Vergleichs und des Rückerinnerns – wie war es für mich als Kind? Als ich klein und hilflos war?

Ich zum Beispiel erinnere mich: wie ich es als die blanke Folter empfunden habe, durchgekitzelt zu werden.

Hier zählen nicht nur körperliche Tabuhandlungen rein, sondern auch Erniedrigen, Bloßstellen, (emotional) Erpressen … Jede Demütigung ist eine Missachtung der persönlichen Grenze anderer.

Die Vergangenheit des Gegenübers

So. Vor dem Hintergrund jetzt die andere Seite der Medaille: Das Entwicklungstrauma desjenigen, der die Grenze deines Kindes knallfrech missachtet. Demjenigen fehlt eindeutig ein gesundes Einfühlungsvermögen für die Bedürfnisse anderer, speziell kleinerer Menschen. Wenn seine oder ihre Bedürfnisse als Kind oft missachtet, Gefühle ignoriert wurden, er oder sie zum Stillsein gezwungen oder insbesondere als Baby alleine schreien gelassen wurde, dann fehlt möglicherweise schlichtweg Empathie.

Oder der Respekt gegenüber Kindern.

(Das nennt man übrigens Adultismus. Schön, dass die Zeit gekommen ist, diesem Phänomen heute mit einem eigenen Fachbegriff zu begegnen.)

Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an

Nörgelnder Neffe bei Onkel Tobi.

Tobi qäult das verdammte Quengeln, weil der Reiz seine inneren Wunden triggert. Um nicht den eigenen Schmerz zu fühlen, wird er nach außen hin aggressiv. Er beginnt, den Kleinen zu beschimpfen. Klar ist: Für Quengeln ausgeschimpft zu werden, ist demütigend und verletzend. Tobi überschreitet also eine Grenze.

Er ist unreflektiert und handelt in der Situation so, wie er es als Kind selbst erlebt hat: Man versuchte, ihn „glücklich zu schimpfen“. Mehr dazu in Wie gehe ich mit großen Gefühlen meines Kindes richtig um?

Da er in der Triggersituation selbst leidet, fehlt es ihm an der Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und tolerant und flexibel, d.h. gelassen und empathisch zu reagieren.

Aber nur weil wir ahnen, dass ein grenzüberschreitender Erwachsener aus eigenen frühen Verletzungen heraus handelt, lässt sich nicht entschuldigen, dass nun „das nächste Opfer“ gedemütigt wird. Also: Wie bringen wir gerade bei nahestehenden Personen nun den Mut auf, unser Kind zu verteidigen und zu schützen?

kindliche Grenzen verteidigen
Wie schütze und verteidige ich mein Kind gegen Grenzübertritte, wie Erpressung, unerwünschter Körperkontakt oder emotionale Gewalt?

Mut, wo bist du?

Als Bezugspersonen sind wir verantwortlich. In ganzer Linie verantwortlich. So wie wir unser Kind vor Karies und Erstickungstod beschützen, so müssen wir es auch vor emotionaler Gewalt durch andere Erwachsene schützen. Wir würden es nicht zulassen, dass ein Fremder es ins Gesicht schlägt, oder?

Sicherlich: Eine Beleidigung oder eine Demütigung sind kein Faustschlag. Aber emotionale Gewalt hat ähnliche Auswirkungen auf die Kinderseele wie körperliche. Halten wir uns das vor Augen.

Oder wie Alfie Kohn in Liebe und Eigenständigkeit* sinngemäß schreibt: Bestrafungen sind nicht so schädlich wie Prügel. Aber Prügel ist auch nicht so schädlich wie Erschießen. Trotzdem lehnen wir Prügel ab. Und genau so verhält es sich mit Demütigungen.

Dein Kind hat sie nicht verdient. Du hattest sie als Kind auch nicht verdient. Auch du hättest jemanden gebraucht, der dich vor deiner missbilligenden Nachbarin und deinem mobbenden Mathelehrer geschützt hätte.

Dass das nicht immer möglich sein wird, ist auch klar. Die romantische, perfekte Idealkindheit wird es niemals geben. Für niemanden.

Aber ständig daran zu arbeiten, wie wir unsere Kinder glücklicher aufwachsen lassen können, ist nichtsdestotrotz ein wichtiges Ziel – so als Richtung. Oder was meinst du?

Denn Fakt ist eins: Je sicherer die (frühe) Kindheit verläuft, umso stärker wird dein Kind als Erwachsener sein. (Nein, es wird nicht überheblich oder narzisstisch werden. Im Gegenteil. Es wird selbstsicher, mitfühlend und sozialkompetent sein.) Aber Demütigungen, Angst und Ausgeliefertsein schwächen kleine Menschen. Immer.

Sei eine Löwenmutter! (Ja, Papas, ihr auch analog.) Die Löwin ist in dir. Du brauchst ihr nur die Ketten abzunehmen. Mut ist kein Gefühl. Keine Fähigkeit. Mut ist eine Entscheidung. Triff sie. Für dich und dein Kind. YES BABY, you can!

Schön und gut, aber jetzt fragst du dich:

Wie kommuniziere ich das geschickt?

Immerhin wollen wir gegenseitigen Respekt (vor)leben. Aber vielleicht liebst du es auch zu provozieren? Oder andere mit Zynismus zu schlagen? Wir wollen alle authentisch leben, uns nicht verstellen.

Ich denke, es gibt kein Pauschalrezept. So verschieden wie du und ich sind, so verschieden sehen auch unsere Antworten aus. Aber je mehr wir uns jeden Tag aufs Neue (gerade auch nach Rückschlägen) für Respekt, Mut und Liebe einsetzen, umso authentischer und sicherer werden wir die Grenzen unseres Kindes schützen können. Und umso besser wird es uns auch in dem Zuge gelingen, unsere eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu verteidigen. Sich im Vorfeld Gedanken zu machen: Was sind deine und meine Grenzen und die meines Kindes? Was ist okay und wo ist ein Tabu? – All das macht uns innerlich fit für respektvolles und gleichzeitig klares Kommunizieren.

Das ist immer ein Prozess. Niemandem gelingt das von Jetzt auf Gleich. Es gibt da auch nie eine Endstation. Schlichtweg deshalb, weil wir im Leben immer wieder mit neuen außergewöhnlichen Personen und Situationen konfrontiert sein werden. Wir müssen in keiner Hinsicht perfekt sein. Auch nicht als perfektes Schutzschild für unser Kind. Aber im Rahmen des realistisch Möglichen sollten wir versuchen, unsere Kinder zu verteidigen.

Da piepst doch was …?

Gerade gegenüber den engsten Verwandten haben wir vielleicht ganz leise im Inneren eine Stimme, die piepst: „Ich trau mich einfach nicht!“ Sich aufzulehnen und selbstbewusst eine Grenze klarzumachen, kann eine der schwersten Herausforderungen überhaupt sein.

Unser Gehirn bleibt ja nicht unberührt davon, wenn wir als Kinder und Jugendliche vielleicht öfter als „Erziehungsobjekt“, denn als fühlendes, autonomes Individuum wahrgenommen wurden. Wenn wir uns als Kinder beugen mussten, wenn wir gefälligst zu funktionieren hatten. Da hinein spielt dann auch noch die Frage nach kulturell geprägten Normen: Respekt gegenüber Älteren zum Beispiel.

Ganz provokativ gefragt: Sind in unserer Gesellschaft kindliche Grenzen etwas, das Erwachsene aus „gutem Recht“ halt einfach ignorieren dürfen? Weil Adultismus und so?

Du merkst: Die ganze Kiste bleibt schwierig.

Mein eigenes Beispiel

Was für mich auf der Hand liegt, noch mal vorweg: Ich bin alles andere als allwissend. Und ich bin meilenweit davon entfernt, eine perfekte Mutter abzugeben. Ich bin einfach dazu da, dich mit Denkanstößen und Inspirationen zu versorgen.

Ich geb dir hier meine eigenen Beispiele als Ideen mit. Ich bin sicher, du wirst einen wunderbaren eigenen Weg finden, nachdem du diesen Beitrag voller Fragen hast in dir arbeiten lassen.

Hier also meine Erfahrungen:

Was erschreckend oft passiert: dass meine Kinder dafür beschimpft oder geringschätzig kommentiert werden, dass sie ihre Gefühle rauslassen. (Wenn sie z.B. zeigen, dass sie unsicher sind, wenn sie nach einem Schreck weinen oder wenn sie ihre kleinkindliche Wut rauslassen.)

  • Ich stelle oder hocke mich bewusst zwischen die aggressive Person und das Kind. Ich biete Körperkontakt und atme zweimal tief und ruhig. Dann spreche ganz leise in der Art: „Hör nicht hin. Sie weiß gerade nicht, was sie da Dummes von sich gibt. Ihr Problem. Du bist richtig und gut!“ In manchen Situationen schnappe ich mein Kind und gehe ruhig und wortlos um die Ecke, um die Situation zu beenden.
  • Manchmal nehme ich mein Kind auch auf und drehe es von demjenigen weg, um den demütigen Kontakt zu unterbrechen. Dann schaue ich aber selbst zurück und fordere denjenigen auf, sich zurückzuhalten oder seine Aussagen und Handlungen zu überdenken, und dass ich es nicht akzeptieren kann, wenn so mit meinem Kind umgegangen wird.
  • Oft nutze ich als Gegenschlag auch knallhartes Faktenwissen, Zynismus, sarkastische Gegenfragen oder – wenn ich gar zu wütend bin – Angriff. Von Letzterem rate ich allerdings eher ab. Meistens bringt das weder mehr Verständnis, noch ein empathischeres Verhalten. Hier kommt es darauf an, in welcher Beziehung wir zu der betreffenden Person stehen (wollen).

Kinder werden auch als Vermittler missbraucht

Vielleicht hast du auch schon erlebt, dass deine Kinder vor dir gedemütigt wurden, um dich indirekt anzugreifen:

  • „Sag mal, du bist doch schon ein großer Junge! Du musst endlich mal aufhören, an der Mama zu nuckeln, sonst lachen dich alle aus!“
  • „Du bist vielleicht ein verwöhntes kleines Ding, so was Freches habe ich noch nie erlebt!“
  • „Na sag mal, du willst gar nicht die Hand geben zur Begrüßung? Das ist aber gar nicht fein! Hat dir deine Mama das denn nicht beigebracht? Schäm dich.“

All das ist übergriffig. Das gehört sich nicht. Es ist emotionale Gewalt. Kein Kind sollte der Prellball zwischen zwei Erwachsenen sein. Hier bin ich sehr dafür, Kante zu zeigen.

  • „Entschuldigung, aber so reden Sie bitte nicht mit meinem Kind. Wenn Sie an meiner Erziehung etwas zu nörgeln haben, schade für Sie, aber uns interessiert das leider wenig und mein Kind kann überhaupt nichts dafür.“

Klar, Dialog und Austausch sind eine wertvolle Sache: Solange sie sachlich und einfühlsam ablaufen. Alle anderen Grenzübertritte brauchst du einfach nicht hinnehmen: Du bist richtig, du bist gut. Dein Kind ebenso. Grenzen brauchen keine Begründung. Grenzen sind Grenzen. Das gilt bei übergriffigen Verwandten und Freunden ebenso wie für ErzieherInnen, LehrerInnen, ÄrztInnen oder sonst wen.

Auf Kommentare á la „Also ich an deiner Stelle hätte längst …“ entgegne ich immer schlicht: „Ja, aber ich bin ja zum Glück hier die Mutter und nicht du.“ Abwenden. Ende.

Vorbeugung von sexuellem Missbrauch

Der Vergleich mag zunächst abgefahren klingen, aber die Kausalkette ist eindeutig: Wenn wir unseren Kindern – gerade vor Autoritätspersonen – deutlich zeigen, dass ihre persönlichen Grenzen immer richtig sind und gewahrt bleiben müssen, schützen wir sie auch vor sexuellen Übergriffen.

Ein Kleinkind empfindet es als Angriff auf seine Sinne, wenn die Uroma es dazu zwingt, das schlabberige Gemüse zu kosten – ebenso, wie wenn vier Jahre später der eklige Klavierlehrer die Hand auf seinen Po legt.

Kinder müssen wissen, dass ihre Empfindungen richtig sind. Dass sie ihrer Wahrnehmung immer trauen dürfen. Dass sie bei Grenzübertritten immer Nein! sagen dürfen.

Ausführlicher schreibe ich dazu nach den Empfehlungen von Philippa Perry* in diesem Artikel: Wie gehe ich mit großen Gefühlen meines Kindes richtig um?

Außerdem schreibt die wunderbar feinfühlige Carmen Kerger-Ladleif in ihrem Buch Kinder beschützen!*, wie wir Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen können, indem wir sie in Bezug auf Selbstwahrnehmung, persönliche Grenzen und positiven Körperkontakt stärken und sicher begleiten.

Egal, wie klein der Grenzübertritt scheinen mag: Wenn du dein Kind nicht angemessen beschützt oder kommunizierst, dass etwas nicht okay war, dann lernt es: „Meine Grenzen sind unwichtig. Ich muss das wohl ertragen.“

Ein Kind muss wissen: Meine Grenzen werden gewahrt und es ist für keinen Erwachsenen in Ordnung, wenn er da einfach munter drüber hinweg spaziert: Ich darf mich wehren, ich darf meine Gefühle zeigen, ich darf ehrlich äußern.

Nur dann lernt es auch, anderer Menschen Grenzen zu respektieren.

Nur dann lernt es, wo Tabus sind und dass sein Körper und sein seelisches Wohlbefinden ihm selbst gehören.

Grenzenlose Grüße

Anne

PS: Wie reagierst du auf grenzüberschreitendes Verhalten? Wie schützt du dein Kind? Hast du pfiffige Tipps und Beispiele für schlagfertige Antworten? Teil das gerne mit allen anderen LeserInnen in den Kommentaren. Auf dass wir gemeinsam Inspirationen finden, die Kindern sichere innere und körperliche Grenzen bescheren. ♥

Literatur:

Carmen Kerger-Ladleif: Kinder beschützen!*

Philippa Perry: Das Buch, von dem du wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast)*

Eine weitere Inspirationsquelle war:

Jeannine Mik: https://www.mini-and-me.com/mama-ich-brauch-dich-warum-wir-unsere-kinder-und-ihre-grenzen-schuetzen-muessen-und-uns-das-manchmal-so-schwerfaellt-vor-allem-bei-menschen-die-uns-nahestehen/

Ich lade dich herzlich ein, diese Gedanken zu teilen.

Entwicklungstrauma, Gewalt, Grenzen, Grenzüberschreitung, Respekt, Tabu, Wertschätzung

Kommentare (17)

  • Hallo liebe Anne, danke, in diesem Artikel kam auch die Portion Mut, Aufzeigen von Grenzen und Verteidigung des Kindes rüber, was ich bei deinem vorigen Artikel angemerkt hatte! Das hatte mir bei dem anderen Themenschwerpunkt etwas gefehlt. Mach weiter so, ich lese immer wieder gerne von dir. Alles Liebe 🙂

  • Wow, toller Bericht!! Ich bin erstmal sprachlos, weil ich vieles aus ganz Neuem Blickwinkel betrachte und feststelle, dass ich als Kind sehr viele Grenzen, teilweise deutlich aufgezeigt habe, über die ständig munter hinwegspaziert wurde. Das hat mich gerade echt traurig gemacht. Nun bin ich selbst Mutter und möchte um so mehr, dass die Grenzen meines Kindes geachtet und gewahrt werden. Vielen Dank!! Ich lese hier weiter…

    • Liebe Jenny,
      ganz lieben Dank für deinen bewegenden Kommentar. Genauso läuft die Integration früher Wunden ab: sie erkennen und sie betrauern (oder auch Wut empfinden, sich mit Selbstmitgefühl begegnen etc.). Das ist ein gewaltiger Schritt. Und der wiederum ist das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können.

      Alles Liebe für deine Familie und dich.
      Anne

  • Liebe Anne,
    vielen lieben Dank für Deine tollen Texte. Dass meine Grenzen oft nicht geachtet wurden, ist mir sehr bewusst. Ich finde es allerdings selbst sehr schwierig die Grenzen meines Kindes (rechtzeitig) zu erkennen, zum Beispiel beim Kitzeln und momentan (es ist 1,5 Jahre alt) auch beim Essen. Es sagt oft „Nein“ zum Essen und isst es dann aber doch, wenn man es nur stehen lässt. Das „Nein“ gilt also manchmal nicht so lang, habe ich mir gedacht…
    Naja, man rät eben so rum und gibt sein Bestes. Deine Anregungen nehme ich jedenfalls sehr gern auf:)

    • Liebe Anne,
      danke für deinen wertschätzenden Kommentar!
      Das ist wirklich eine spannende Sache, wenn diese kleinen Menschen ihr Nein entdecken und damit experimentieren. Gute Nerven und viel Freude dir. 🙂
      Alles Liebe
      Anne

  • Liebe Anne,

    gestern im Fußballtraining hatte mein Sohn (6) einen Moment, wo er emotional überfordert war, weil er sich ausgeschlossen gefühlt hat. Er kam dann wütend und traurig mitten im Training vom Feld gestapft und sagte mir, er will jetzt nicht mehr mitspielen. Ich war entspannt und wollte ihm den Raum geben, kurz über das Vorgefallene zu sprechen, seine Gefühle validieren, und ihn dann, wenn er wieder bereit gewesen wäre, zurück auf’s Feld entlassen. Sein Coach wollte das Ganze etwas hemdsärmeliger angehen und sich nicht die Zeit für Gefühle nehmen – er kam an und hat nach einem kurzen aufmunternd gemeinten Wortwechsel meinen Sohn erst am Arm gezogen und dann einfach eindeutig gegen dess Willen kurzerhand gepackt und zurück auf’s Spielfeld getragen. Ich bin mit einem heftigen „Stopp! So geht das nicht! Ein braucht einfach einen kurzen Moment.“ eingeschritten, woraufhin der Trainer umkehrte, ihn absetzte und der in Tränen ausbrach. Mein Sohn hat dann kurz erzählt, was ihn gestört hat, sich beruhigt und ist dann von sich aus zurück auf’s Feld gegangen. Der Rest des Training lief reibungslos. Es kommt mir richtig vor, was ich gemacht habe, die Grenzen meines Sohnen zu verteidigen, aber gleichzeitig leide ich darunter, dass ich einen anderen Menschen damit vor den Kopf gestoßen habe (den Trainer). Der muss sich blöd gefühlt haben; er hat es ja auch nicht böse gemeint, sondern wollte einfach eine Abkürzung nehmen. Genau aufgrund unserer eigenen Konditionierung („people pleasing“) ist es schwer, für sich und sein Kind einzustehen.

    • Liebe Hanna,
      schön, dass du ein gutes Gespür für die Bedürfnisse deines Kindes hast. ❤️Ich persönlich finde wichtig, dass wir uns mit unseren Entscheidungen und Handlungen wohl fühlen und unsere Integrität wahren. Manchmal ist das dann eben ein kleiner Spagat.
      Vor dem Hintergrund finde ich, gibt es für die von dir beschriebene Situation gar kein richtig oder falsch.

      Die Hauptsache für ein Kind ist, dass die Eltern es sehen, wertschätzen, willkommen heißen und mit allen Gefühlen annehmen.
      So ein Fußballtrainer und auch die Kinder im Team bieten – gerade ab 6 oder 7 Jahren – dann auch mal frustrierende Erfahrungen, klar. Aber die brauchen sie ja auch, um zu wachsen. Die Stabilität, die sie von den Eltern mitbekommen haben, internalisieren sie und halten dann auch Kummer, Wut und Frust gut aus.

      Ich wünsche dir und deiner Familie alles Liebe.
      Anne

    • Ach und PS: Ich bin ganz bei dir und sehe das Phänomen People Pleasing auch als einen großen Faktor, der es uns schwer macht, für unsere Kinder einzustehen. Danke für diese Ergänzung!

  • Ich finde deine Seite und deinen Ansatz toll, Anne. Es ist ein Geschenk für unsere Kinder, dass es Menschen wie dich gibt.
    Für alle, die sich auf den Weg der bewussten Elternschaft machen wollen, empfehle ich Shefali Tsabarys Conscious Parenting Quest auf der Lernplattform Mindvalley (gibt’s auch in deutscher Sprache). Es ist ein sehr tiefgreifender 35-tägiger Kurs, in dem man sich nach dem Motto „Raise the child inside yourself first“ mit sich selbst und seiner Elternschaft auseinandersetzt – sehr inspiriert auch von buddhistischer Spiritualität.

    Alles Gute an alle Mamas und Papas da draußen.

    • Danke dir von Herzen für die Wertschätzung und auch vielen Dank für den tollen Tipp! Das werde ich mir auch mal ansehen.

      Liebe Grüße 🙂

  • Liebe Anne,

    Ich hatte beim Lesen gerade Tränen in den Augen. Seit mein Baby auf der Welt ist, ist das People Pleasing und das achten der Grenzen meines Babys ein großes Thema für mich. Insbesondere weil mein Baby (10 Monate) bisher noch nicht immer direkt selbst zeigen kann was es mag oder nicht.
    Ich empfinde viele erwachsene Menschen körperlich so übergriffig. Insbesondere auch nahe Verwandte die dem Kind über das Gesicht streichen oder ähnliches.
    Ich habe mich schon oft getraut die Grenzen einzufordern und fühle mich dabei oft sehr schlecht, da ich das Gefühl habe als Überempfindlich und überfürsorglich dargestellt zu werden. Bzw. Wird mir vorgeworfen ich würde, als ich mein kleines Kind nicht alleine mit jemand lassen wollte, nicht geneigt vertrauen. Naja und das obwohl sich mein Umfeld eigentlich selbst als sensibel und Grenzen während sieht. Irgendwie haben sie es selber nicht gelernt und meine kritischen Bemerkungen können oft leider nicht konstruktiv gesehen werden, sondern als Angriff.
    Daher bin ich gerade so erleichtert, diesen Artikel zu lesen. Zu sehen, dass andere Menschen es auch so wahrnehmen. Zu sehen, dass es gut ist, zu mir zu stehen.
    Ich bin einfach tief gerührt und danke dir tausend Fach für diesen Artikel.

    • Liebe Vera,
      herzlichen Dank für deinen Kommentar! Da bin ich auch gleich ganz gerührt. 🙂
      Geh deinen Weg. Nur du allein weißt, welcher für dich und deine Familie der Richtige ist. ♥
      Viele Grüße und alles Liebe
      Anne

  • Liebe Anne,Danke für diesen tollen Beitrag zum Thema Grenzen, wie kann ich meine Kinder schützen .
    Leider hat bei mir das mutig sein nicht geholfen, ich stand während der Beziehung mit meinem Ex-Freund in diesen Fragen immer allein da und wenn ich mutig war und das Thema angesprochen habe bin ich von der Mutter und Schwester meines Ex nicht ernstgenommen worden. Mittlerweile sind wir getrennt, auch weil ich es nicht mehr ausgehalten habe wie sich die Schwester und Mutter hinterlistig in unser Leben eingemischt haben und alle Werte für die ich einstehe und auch gekämpft habe mit Füßen getreten wurden.Das Schlimme daran ist, das immer ich nach wie vor die böse in dem Spiel bin.Ich habe klar und deutlich gemacht, das ich nicht möchte das sich die Tante in irgendwelche Belange einmischt, trotzdem wird diese Aussage von der Familie meines Ex ignoriert, was zusätzlichen Stress bedeutet und unsere Kinder in einen Loyalitätskonflikt bringt. Ich überlege, sogar rechtliche Schritte einzuleiten und ein Kontaktverbot für die Ursprungsfamilie meines Ex zu erwirken. Allerdings habe ich großen Respekt davor, den Kindern damit zu schaden weil sie das nicht verstehen können. Ich möchte unsere Kinder vor dem hinterhältigen und einmischenden Umgang der Familie meines Ex schützen, habe aber Sorge das so argumentiert wird, das es die Verwandten doch nur gut meinen und es doch alles gar nicht so schlimm ist, sondern nur für mich ein Problem darstellt . Diese schrägen Familienstrukturen hat bisher niemand durchschaut, nach außen hin wirkt alles kaum bis gar nicht bedrohlich. Das bringt mich fast zur Verzweiflung. Ich hoffe das ich den richtigen Weg finde und meinen Kindern nicht schade.

    • Liebe Nicole,
      das klingt ja grauenvoll. Mein Mitgefühl für dich! Wenn du die Befürchtung hast, deinen Kindern schadet die Situation, dann zögere bitte nicht, dir in einer Familienberatungsstelle Hilfe zu suchen. (Oder auch psychologische Hilfe für dich selbst in Anspruch zu nehmen, wenn du es brauchst. ♥)
      Das hier könnte eine erste Anlaufstelle sein: https://online-familiencoach.de/

      Welche Art von grenzüberschreitenden Handlungen sind deine Kinder denn ausgesetzt? Vielleicht hilft dir als Beruhigung ja noch dieser Artikel?

      Ich wünsche dir und deinen Kindern, dass ihr einen Weg findet, der euch allen gut tut, und ich wünsche dir von Herzen alles Liebe.
      Anne

  • Hallo liebe Anne,
    danke für deinen Artikel, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich hatte letztens so eine Situation, auf den ersten Blick sehr harmlos, und ich grübele da noch.
    Mein Sohn hat Klavierunterricht bei einer lieben Lehrerin, die sehr achtsam ihre Worte wählt und meinen Sohn geduldig durch ihren liebevollen Unterricht führt. Sie mag es, wenn die Eltern mit dabei sind, also sitze ich auch abseits im Raum. Gestern nun merkte sie meinem Sohn gegenüber an: „du kannst ruhig ganz normal mit mir sprechen, ja und nein sagen. Du sagst viel „mm“, sag ruhig ja“. Dabei lachte sie und ihr Tonfall war auch ruhig und freundlich. Mein Sohn ist aktuell bei Außenstehenden ruhiger als ich ihn kenne, aber er antwortet schon und auch ja, nein und ich empfinde auch sein zustimmendes hm durchaus als ausreichend, weil er reagiert und er es eben nicht immer nur verwendet, sondern eher so im Aufnehmen und gleichzeitig Nachdenken über das was ihm gesagt wurde, gerade beim Erlernen des Klavierspiels.
    Ich fand es schade für ihn, aber war unsicher, ob ich da was sagen sollte, weil es doch so harmlos wirkt und mir auch keine leichte Antwort einfiel, die die ganze Situation locker hält und die Klavierlehrerin nicht verkrampfen lässt, die wir doch sehr mögen.
    Aber ich denke darüber nach und das zeigt mir, dass ich mir etwas überlegen will, für diese scheinbar harmlosen Situationen im Leben, in denen man als Mutter das Gefühl hat, dass das Kind nicht so sein kann, wie es sich gerade fühlt.

    Wie hätte ich locker reagieren können? Und wäre es überhaupt notwendig gewesen?

    Ich habe meinen Sohn hinterher gefragt, wie er sich dabei fühlte, ob es für ihn ok gewesen wäre, so angesprochen zu werden. Und er meinte, es wäre ok gewesen. Und ist dann, wie so oft, fröhlich an meiner Seite nach Hause gehüpft.
    (In anderen eindeutig grenzüberschreitenden Situation hatte ich mich auch schon schützend vor ihn gestellt. Dennoch habe ich Sorge, zu wenig zu handeln, zu wenig eben in diesen harmloseren Alltagssituationen nicht zu reagieren und ihm damit beizubringen, dass andere über ihn urteilen dürfen etc.). Ich hoffe, ich habe das jetzt gut erläutert, mein Kleiner wirbelt um mich herum, aber ich mag meine Gedanken gern jetzt absenden. Viele Grüße!

  • Ach ja, mein Sohn ist 7 Jahre alt (Geschichte mit der Klavierlehrerin).

    Mein anderer Sohn, mein „Kleiner“ und 2 Jahre alt, wirbelte beim Schreiben um mich herum.

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Ich bin Anne, leidenschaftliche Schreiberin und immerfort lernende Mutter zweier Kinder. Süchtig nach anspruchsvollen Büchern und mit einer Schwäche für ausgezeichneten Schwarztee. Auf meinem Blog WELTFREMD setze ich mich seit 2019 für friedvoll-authentische Elternschaft ein und kläre über Entwicklungstrauma auf. ♥

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